17.06.2009 - Lehman Brothers-Skandal: Entschädigungspläne der Citibank – reine Augenwischerei?

Lediglich 27 Millionen Euro sollen nämlich an die Anleger ausgezahlt werden. „Dies wird in wenigen Einzelfällen vielleicht zu angemessenen Entschädigungen führen, als Gesamtlösung ist dieses Angebot jedoch untragbar,“ betont Sascha Giller, Rechtsanwalt der Kanzlei PWB Rechtsanwälte (Jena). Berücksichtige man die gesamte Anlagesumme der Citibank-Kunden, dränge sich die Vermutung auf, dass die Bank hier gerade einmal ihre Provisionen zurückbezahle.   Zudem wurde ein Punktekatalog aufgestellt, nach welchem die Entschädigungshöhe ermittelt wird. Je mehr Punkte man in den einzelnen Kategorien sammelt desto größer wird am Ende die Entschädigung. „Dieser Punktekatalog ist höchst ungerecht“, erklärt Rechtsanwalt Giller. So fühlen sich bereits viele Anleger diskriminiert. Beispielsweise wird das Alter des Kunden bewertet. So erhält ein Anleger der 49 Jahre alt ist keinen Punkt, während der 50-jährige punktet. Auch die unerfahrene 18-jährige Abiturientin bekommt im Gegensatz zum erfahrenen älteren Börsenprofi keine Punkte. Auch die weiteren Kriterien werden zurecht von Anlegerschützern kritisiert, so Giller.   Die Höhe des letztendlichen Entschädigungsangebotes dürfte im Regelfall ebenfalls enttäuschen. „Während die Verbraucherzentrale Nordrhein Westfalen, die an der Aushandlung des Kompromisses beteiligt war, auf eine durchschnittliche Entschädigung von 50 Prozent hofft – wohlgemerkt nur in den Fällen, in denen überhaupt eine Entschädigung erfolgen kann – ist nicht zu erwarten, dass sich diese Hoffnungen auch nur im Ansatz erfüllen werden. Die maximal erreichbare Entschädigung von 80 Prozent ist ohnehin fast nur rechnerisch möglich und reine Augenwischerei“, meint Sascha Giller.   Zudem gibt es zahlreiche Ausschlussgründe. Viele dieser Gründe sind den Betroffenen noch völlig unbekannt und so hoffen derzeit zahlreiche Anleger auf eine Entschädigung, die nie kommen wird. Zum einen sind diejenigen Anleger ausgeschlossen, die vor Juni 2006 gezeichnet haben oder die ihre Ansprüche bereits gerichtlich geltend machen. Letzteres ist verständlich und bestätigt das Vorgehen zahlreicher Anlegerschutzanwälte, zunächst außergerichtlich alle Verhandlungsspielräume zu nutzen. Auf Ersteres hätte man aus Kulanz aber durchaus verzichten sollen.   Ausgeschlossen sind ferner die Anleger, deren Risikoprofil als „wachstumsorientiert“ eingestuft wurde. „Hier bleibt ein sehr fader Beigeschmack, da auch der Verbraucherzentrale nicht verborgen geblieben sein kann, dass nach Auskunft vieler Anleger die Risikoprofile zum Teil willkürlich angepasst wurden und, vom Anleger oft unbemerkt, unzutreffende Informationen enthalten“, begründet Rechtsanwalt Giller seine Meinung.   Die von der Bank erstellten Profile fließen auch mehrfach in die Punktetabelle ein und sorgen damit insgesamt für ungerechte Ergebnisse. Denn es sind häufig die angepassten Risikoprofile, die die Anleger wegen der falschen Angaben wütend werden lässt. Ebenfalls höchst ungerecht ist der Ausschluss von Anlegern, die bereits zuvor in Zertifikate investiert hatten oder innerhalb der letzten 12 Monate vor der Zeichnung Aktien geordert haben. Dass die Beratungen der Banken in Bezug auf Zertifikate jede Menge Kritikpunkte eröffnen, zeigt letztendlich auch das „kulante“ Angebot der Citibank. Es steht damit aber auch nicht zu erwarten, dass die Beratung in Bezug auf ein wenige Wochen zuvor geordertes Zertifikat in einer anderen Art und Weise erfolgte. Betroffene Anleger werden durch eine solche Beratung dann aber auch nicht zu derart „erfahrenen“ Anlegern, dass der Ausschluss einer Entschädigung gerechtfertigt sein könnte. Gleiches gilt für – zumal nicht weiter aufgeschlüsselte – Aktienkäufe.   „Sicher ist es nicht einfach, eine gerechte Lösung für alle zu finden und diese allgemein zu formulieren. Der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und der Citibank ist es jedenfalls nicht gelungen. Lediglich in Einzelfällen, die selbstverständlich sehr erfreulich sind, wird eine angemessene Entschädigung erfolgen. Positiv ist allerdings, dass sich die Citibank mit einer Verjährungshemmung einverstanden erklärt und so zumindest in zeitlicher Hinsicht kein unmittelbarer Klagedruck entsteht,“ stellt Giller fest.   Sofern Anleger zu den wenigen gehören, denen eine ausreichende Entschädigung zu Gute kommen würde, wäre es aber selbstverständlich sträflich, diese Gelegenheit nicht zu nutzen. „Anlegern raten wir daher, sich mit der Citibank in Verbindung zu setzen und sich ein unverbindliches Angebot erstellen zu lassen“, so Rechtsanwalt Giller. zurück   zurück | drucken | nach oben | © 2009 PWB Rechtsanwälte Jena