18.04.2013 - „Bescheißen“ und „Betrügen“ – Unschöne Verbalattacken im Tarifstreit beschäftigten Gerichte

18. April 2013. In einem Tarifstreit können Parolen und Sprechchöre durchaus heftig ausfallen. Eine Arbeitgeberin, die sich die Reime mit „bescheißen“ und „betrügen“ nicht bieten lassen wollte, bekam dies vom Landesarbeitgericht (LAG) Düsseldorf jedoch bestätigt (Urt. v. 17.08.2012 – 8 SaGa 14/12). Zugespitzte Äußerungen, so die Kanzlei PWB Rechtsanwälte (www.pwb-law.com), können in einem Arbeitskampf durchaus zulässig sein.

Wenn es Streit um den Tarif gibt und dieser mit Bannern und Parolen lauthals ausgetragen wird, sollte man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, das gesagt, geschrieen, geschrieben oder gesungen wird. Im konkreten Fall ging es um von den Arbeitnehmern skandierte Sprechchöre, die der Arbeitgeberin unterstellten, dass sie bescheiße und betrüge.

Ein Gewerkschaftssekretär war von diesem Sprechchor in Reimform derart angetan, dass er ihn mithilfe eines Megafons lauthals unterstützte. Die Arbeitnehmerin konnte sich jedoch weder am Reim noch an der Mitwirkung des Gewerkschaftssekretärs erfreuen. Sie forderte von der zuständigen Gewerkschaft, deren Vorstandmitgliedern und zwei Gewerkschaftssekretären im einstweiligen Verfügungsverfahren derartige Äußerungen zu unterlassen und auf die Streikenden bändigend einzuwirken. Die Gerichte, die sich damit befassen mussten – das Arbeits- und das Landesarbeitsgericht Düsseldorf – wiesen die Anträge allerdings ab.

Die Gerichte argumentierten, dass es sich um zugespitzte Äußerungen gehandelt habe und nicht um eine Tatsachenbehauptung im strafrechtlichen Sinn. Die Arbeitnehmer hätten nur verdeutlicht, dass sie sich betrogen fühlten, da die Arbeitgeberin als Mitglied ohne Tarifbindung in den für sie zuständigen Arbeitgeberverband gewechselt war. Das LAG Düsseldorf sah die Verbalattacken in diesem Fall als von der Meinungsfreiheit gedeckt an. Der Gewerkschaftssekretär, der die meinungsfreudigen Sprechchöre mit seinem Megafon unterstütze, war zum Zeitpunkt des Urteils bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. Aus Sicht der LAG Düsseldorf besteht deshalb auch keine Wiederholungsgefahr.