03.12.2004 - Fonds-Initiatoren gehen die Schiffe aus Werften auf Jahre hinaus ausgebucht - Verkehrsministerium droht mit Streichung der Steuervorteile von Leo Fischer

Düsseldorf - Eigentlich müsste die Stimmung bestens sein. Denn die Schiffsfonds-Branche feiert einen Rekord nach dem anderen. Die Charterraten in allen Schiffskategorien - Containerschiffe, Tanker und Bulker - bewegen sich gleichzeitig auf historischem Höchstniveau. Das gab es noch nie. Schiffsfonds werden den Initiatoren geradezu aus den Händen gerissen.

Doch der Boom hat auch eine Kehrseite. Wie die Branche jetzt auf dem 8. Hansa-Schiffsforum in Hamburg einräumte, fehlen den Initiatoren die Schiffe. Grund: Die Werften der Welt sind auf Jahre ausgebucht und die Preise für Gebrauchtschiffe sind in derart schwindelerregende Höhen geklettert, dass auf diesem Niveau kaum noch auch nur halbwegs vernünftig kalkulierte Fonds zu konzipieren sind. Deshalb ist die Versuchung der Initiatoren groß, früher bestellte oder noch preisgünstig am Second-Hand-Markt erworbene Schiffe, zunächst in eine Objektgesellschaft weiterzureichen, die diese dann zum höheren aktuellen Marktpreis an die Fondsgesellschaft und damit an die Anleger weiterverkauft. Auf diese Weise realisieren offenbar einige Initiatoren den schnellen Gewinn nebenher. Dagegen ist im Prinzip nichts zu sagen. "Ein durch Zwischenerwerb erhöhter Kaufpreis ist im Prospekt anzugeben", mahnt jedoch Anlegerschutzanwalt Oliver Juchem. Das tun aber offenbar viele Anbieter nicht. Ein heikles Thema auf dem Forum war auch der Umgang mit dem Begriff Ausschüttungen, mit deren Höhe plakativ geworben wird. Unzulässig ist es nach Meinung von Anlegerschutzanwalt Philipp Wolfgang Beyer aus Jena, Entnahmen als "Ausschüttungen" zu bezeichnen und diese wie Gewinnausschüttungen zu behandeln oder gar als Rendite hinzustellen. Das kommt in der Branche nicht selten vor. Das Hamburger Landgericht untersagte beispielsweise MPC - Marktführer beim Verkauf geschlossener Fonds insgesamt - für den Flottenfonds III, mit den Ausschüttungen zu werben, die von 11 Prozent im ersten Jahr auf 14,5 Prozent im zwölften Jahr ansteigen. Anders als bei geschlossenen Immobilienfonds enthalten die Ausschüttungen bei Schiffsfonds auch die teilweise Rückführung des Kapitals. Im Falle des Flottenfonds III war dies besonders extrem, denn die bereits bei der Fondsauflegung zehn Jahre alten Schiffe haben am Laufzeitende nur noch Schrottwert. Das heißt im Klartext: Mit den Ausschüttungen wird auch das Kapital zu 100 Prozent zurückgezahlt. Schiffsfonds-Experte und Fachautor Jürgen Dobert regt an, ob man den Begriff Ausschüttungen nicht durch Auszahlungen oder Entnahmen ersetzen sollte, wie dies vor Jahren schon einmal diskutiert wurde. Das Problem stellt sich grundsätzlich auch bei anderen Schiffsfonds. Allerdings wird es nicht so virulent, weil am Ende der üblichen Fondslaufzeit von rund zwölf Jahren für das Schiff, wenn es neu in den Fonds übernommen wurde, immer noch ein Restwert von rund 40 Prozent zu Buche steht. Wenn gar Ausschüttungen als "auf Grund der Tonnagesteuer weitgehend steuerfrei" deklariert werden, kann der Anleger kaum noch durchblicken. Denn Kapitalrückflüsse sind ohnehin immer steuerfrei, nur die "Gewinnausschüttungen" sind es dank der Tonnagesteuer. Einen echten Aufreger hatte Achim Wehrmann, Leiter des Referates Schifffahrt vom Bundesverkehrs-ministerium, für die Branche parat. Er erinnerte daran, dass sie ihren Teil des "Maritimen Bündnisses", das auch die Garantie der Tonnagesteuer durch den Kanzler einschließt, noch zu erfüllen habe. "Dazu gehört von Reederseite die Einflaggung oder Rückflaggung von mindestens 100 bis 200 der im internationalen Verkehr fahrenden deutschen Handelsflotte bis Ende 2005." Bisher habe sich die Zahl der unter deutscher Flagge fahrenden Seeschiffe per Saldo lediglich um 20 erhöht. Hans Heinrich Nöll, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder, räumte ein, dass der Bestand der Handelsflotte unter deutscher Flagge erst geringfügig gewachsen sei, machte aber geltend, dass 57 Schiffe unter die deutsche Flagge zurückgekehrt seien. "Eine Besserung zeichnet sich ab." Die ist auch nötig, denn Wehrmann ließ durchblicken, dass er künftig klare Signale für eine Verbesserung erwartet. Anderenfalls könnte die günstige Tonnagesteuer gestrichen werden.


Quelle: Die Welt vom 03.12.2004