03.07.2015 - Darlegungslast bei Urheberrechtsverletzung über Internetanschluss

3. Juli 2015. Das AG München hat entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, von dem aus unerlaubt Dateien geladen wurden, selbst Nachforschungen darüber anstellen muss, wer konkret der Täter gewesen ist und dies dem Gericht mitteilen – sonst haftet er selbst.

Die Klägerin ist ein Medienunternehmen in München und verfügt über die Rechte des Filmherstellers am Film "Blitz". Die Klägerin hat mit Hilfe einer Überwachungssoftware herausgefunden, dass die beklagte Münchnerin die Inhaberin des Internetanschlusses ist, über den am 06.11.2011 von 21.26 Uhr bis 23.22 Uhr der Film "Blitz" mit Hilfe einer Tauschbörsensoftware illegal zum Download angeboten wurde. Dies ist eine Urheberrechtsverletzung. Die Klägerin mahnte die Beklagte ab und forderte von ihr u. a. Schadensersatz. Die Beklagte zahlte daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 150 Euro an die Klägerin. Die Beklagte bestreitet, den Film zu kennen und ihn heruntergeladen zu haben und weigerte sich, weitere 956 Euro, wie von der Beklagten verlangt, an diese zu zahlen. Das Medienunternehmen verklagte daraufhin die Beklagte vor dem AG München auf Schadensersatz und Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 956 Euro.

Das AG München hat der Klage stattgegeben.

Nach Auffassung des Amtsgerichts wurde über den Anschluss der Beklagten eine Urheberrechtsverletzung begangen. Über den Anschluss sei sog. Filesharing betrieben worden. Beim Filesharing lade der User regelmäßig Daten, zum Beispiel einen Film oder ein Musikalbum, über eine Internettauschbörse auf seinen Rechner, wo sie gespeichert werden. Zeitgleich mit dem Download erfolge ein Upload, das Heißt der User biete die Dateien anderen Teilnehmern der Tauschbörse zum Herunterladen an. Die Datei werde auf den persönlichen Rechner des Users heruntergeladen mit der Möglichkeit, sie später zu nutzen. Gleichzeitig sei die Datei öffentlich zugänglich, da sie bereits beim Herunterladen anderen Netzteilnehmern zum Download angeboten ist. Filesharing verletze damit das Recht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung seines Werkes. Insofern könnten Filesharing und das sog. Streaming (das einfache Anschauen eines Films im Internet, bei dem lediglich im Arbeitsspeicher Dateien zwischengespeichert werden) nicht gleichgestellt werden können.

Bei einer derartigen Rechtsverletzung müsse der Anschlussinhaber darlegen, dass er für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich ist. Die Beklagte treffe eine sog. sekundäre Darlegungslast. Dafür sei erforderlich, dass sie als Anschlussinhaberin darlegt, dass die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein eine andere Person und nicht sie selbst den Internetzugang zum fraglichen Zeitpunkt genutzt hat. Das AG München verlangt in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH, dass der Anschlussinhaber Tatsachen darlegen muss, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass eine andere Person den Internetanschluss benutzt hat. Die Beklagte müsse weiterhin vortragen, welche anderen Personen selbständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt hätten und als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen. Sie müsse dafür umfangreiche Nachforschungen zu den potentiellen Anschlussnutzern und ihrem Nutzungsverhalten anstellen, die möglichen Täter befragen und diese dem Gericht – namentlich – mitteilen. Die Beklagte habe dem Gericht mitgeteilt, dass ihr Ehemann und ihre beiden Söhne, Jahrgang 1993 und 1994, im Haushalt leben und jeder einen eigenen Laptop verwendet. Sie hätten das Internet für Emails genutzt und zu Zwecken der Information. Die Beklagte selbst habe zudem Informationen speziell zu Kochthemen aus dem Internet bezogen.

In der mündlichen Verhandlung habe die Beklagte auf Nachfragen des Gerichts vorgetragen, dass der Anschluss mit einem individuellen Passwort verschlüsselt sei. Die Art der Verschlüsselung sei ihr aber nicht bekannt, da dies von ihrem Ehemann gemacht worden sei. Sie hätte damals einen Tower gehabt, ihr Mann und die Söhne jeweils einen Laptop. Ihr Ehemann habe mit Sicherheit nichts mit Tauschbörsen gemacht. Ob die Söhne an Tauschbörsen teilnähmen, wisse sie nicht; auf Nachfrage hätten sie es abgestritten. Zugegeben habe die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung keiner. In technischer Hinsicht hätten alle vier Haushaltsmitglieder Tauschbörsen-Software installieren können. Als Täter habe sie den großen Sohn in Verdacht, es könne aber auch der Kleinere gewesen sein. Ob am Tattag alle zu Hause gewesen waren, wisse sie nicht mehr, sie gehe aber davon aus, da es sich dabei um einen Sonntag gehandelt habe und alle am nächsten Tag in die Schule oder zur Arbeit hätten gehen müssen. Auf ihrem Rechner sei keine Filesharing-Software installiert gewesen; die Rechner von Ehemann und Kinder habe sie nicht überprüft. Die Beklagte räumte ein, dass sie es im Grunde nicht wisse, ob ihre Söhne Filme im Rechner angeschaut hätten. Ebenso wenig wisse sie, was ihr Mann im Internet macht. Auch hinsichtlich des Nutzungsverhaltens habe sie sich in Widersprüche verstrickt. Im Ergebnis habe die Beklagte nichts Konkretes zum Internetverhalten der Mitbenutzer vorgetragen. Sie sei damit ihrer Nachforschungspflicht nicht genügend nachgekommen.

Das AG München hält einen Schadensersatz in Höhe von 600 Euro für angemessen. Außerdem müsse die Beklagte die Rechtsanwaltskosten in Höhe von noch 356 Euro der Klägerin ersetzen.

Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 03.07.2015