15.03.2003 - Die letzten Mieter müssen raus

Amtsgericht hat Räumungsklage stattgegeben

Von Thomas Stridde

Jena. (tlz) Licht am Horizont für die Städtische Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft (SWVG): Das Amtsgericht Jena hat gestern einer brisanten Räumungsklage der SWVG stattgegeben (TLZ berichtete mehrfach). – Eine längst in Berlin wohnende Familie hatte sich bislang als letzte Mietpartei in einem Wohnblock der Lobedaer Paul-Schneider-Straße geweigert, ihre Drei-Zimmer-Wohnung zu räumen, obwohl das Gebäude im Zuge des Stadtprogramms "Umbau Ost" abgerissen werden muss.

Ein nicht vertretbarer Leerstand eines Wohnblocks könne gegenüber verbliebenen Mietern "Ein berechtigtes Interesse des Vermieters zur Kündigung begründen", erläuterte Richter Rainer Preuß gestern nach Urteilsverkündung. Das weitere Mietverhältnis würde das Eigentumsrecht entwerten, wenn der Unterhaltungsaufwand für das Gebäude in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Mieteinnahmen steht. Gewiss komme eine Kündigung nur als letztes Mittel in Betracht, nachdem sich der Vermieter "intensiv und ausreichend um eine einvernehmliche Lösung des Problems bemüht hat". – Nach eigenen Angaben hatte die SWVG Wohnersatz und Ablösegelder geboten.

Ein Knackpunkt im Verfahren war der Einigungsvertrag, der in punkto Altmietverträge das Kündigungsrecht für wirtschaftliche Verwertung ausgeklammert hatte, so dass die betroffenen Wohnungsgesellschaften nach einvernehmlichen Lösungen mit ihren Mietern suchen müssen. Rainer Preuß stellte fest, der Einigungsvertrag stehe einer solchen Kündigung nicht entgegen. Der entsprechende Passus habe allein den Sinn, Kündigungen zu verhindern, die eine "lukrative Verwertung" des Grundstücks nach sich ziehen. Davon, so sagte der Amtsrichter, könne nicht die Rede sein, wenn ein Wohnblock zur Vermeidung von Verlusten abgerissen wird.

Sammelklage droht

Zaungast bei der Verkündung war gestern Rechtsanwalt Philipp Wolfgang Beyer, dessen Kanzlei im "Roten Turm" auf größere Klägergemeinschaften spezialisiert ist. Die Mieter in der Ebereschenstraße und anderen potentiellen Abriss-Blocks "werden sich mit dem Urteil des Amtsgerichts nicht abfinden". Eine Sammelklage zeichne sich ab; "das kommt", sagte Beyer. Schließlich sei Lobeda der einzige Ort, wo es billige Wohnungen in Jena gibt.

Aktenzeichen zum Urteil: 22 C 1182/02

Quelle: TLZ Jena vom 15.03.2003