10.12.2004 - Strafanzeigen gegen Venturion Anwalt rechnet mit einem Schaden von 30 Millionen Euro für die Aktionäre

HAMM – Die Pleite des Hammer Finanzdienstleisters Venturion hat womöglich ein strafrechtliches Nachspiel vor Gericht: Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt jetzt wegen Betrugsvorwürfen gegen den früheren Vorstandvorsitzenden Adolf Eggendorf, das für den Vertrieb zuständige Ex-Vorstandsmitglied Toralf Fischer sowie den derzeitigen Alleinvorstand Karsten Baschin. Entsprechende Strafanzeigen seien zu Beginn der Woche eingegangen, bestätigte Staatsanwältin Ina Holznagel auf Anfrage; drei am Montag, eine am Dienstag, zwei beträfen ausschließlich Eggendorf.

Eine weitere Strafanzeige kündigte die auf Kapitalanlageschutz spezialisierte Kanzlei "PWB Rechtsanwälte Jena" an. Sie bündelt damit 300 Klagen von Anlegern, die Hilfe bei der Deutschen Streitgenossenschaft für Kapitalschutz suchten. "Unsere Mandanten hatten Aktien im Wert jeweils zwischen 600,00 und 190.000,00 Euro gezeichnet", sagte Rechtsanwalt Andrè-Gerhard Morgenstern.

"Das Kartenhaus fällt zusammen", kommentierte der Anwalt der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Hans Richard Schmitz, die Situation des Unternehmens, nachdem nun auch die "Eggendorf Vermögensverwaltungs GmbH & Co.KG" sowie die unter dem Venturion-Dach am Caldenhofer Weg ansässige "CongressCenterHamm GmbH & Co.KG" in der Insolvenz steckten. Auch hinter CCH steht der Name Eggendorf.

Schmitz bestätigte, dass eine der Strafanzeigen wegen Betruges von der Schutzvereinigung stamme. Der Vorwurf, Anleger wissentlich geprellt zu haben, richte sich auch gegen die Verantwortlichen im Aufsichtsrat. In dem zehnseitigen Papier ist von "unrichtigen Angaben" im Verkaufsprospekt die Rede. Venturion hat demnach schon im Jahr 2003 erkennen müssen, dass es zu Liquiditätsengpässen kommen werde; spätestens aber seit Ende Juli 2004 als eine Bestandsaufnahme ergeben habe, dass die Gesellschaft pro so genanntem Maklervertrag Kosten in Höhe von 1.595,00 Euro aufbringen müsse, dem aber nur Erlöse von 568,00 Euro gegenüber gestanden hätten. Knapp 14.000 Verträge seien abgeschlossen worden.

Ein Strafverfahren, in dem Beweise gesichert würden, könne den Aktionären den Weg ebnen, Ansprüche auf zivilrechtlichem Weg geltend zu machen, sagte Schmitz. Es gelte sicherzustellen, "dass kein Geld verschoben wird".

Spätere Anleger keine Aktionäre?

Den Schaden für die rund 13.000 Aktionäre bezifferte Schmitz auf 30 Millionen Euro. Venturion habe Anteile für 17 Millionen Euro verkauft, hinzugerechnet werden müssten die umgetauschten Aktien der Vorgänger-Unternehmen Conrenta und Makro-Plan sowie die Genussrechte, also festverzinsliche Wertpapiere, die Venturion verkauft habe.

Laut Schmitz ließ Venturion letztmalig am 29. Juni dieses Jahres eine Kapitalerhöhung im Handelsregister eintragen. Damit seien Anleger, die nach diesem Datum zuschlugen, rein rechtlich gar keine Aktionäre. Darin sieht der Anwalt aber einen Vorteil für die Geschädigten: "Als Gläubiger stehen sie in einem Insolvenzverfahren besser da denn als Anteilseigner".

Weder Eggendorf noch Venturion waren gestern telefonisch zu erreichen. "Bitte warten", so die Stimme auf dem Anrufbeantworter. - jm


Quelle: Westfälischer Anzeiger Hamm vom 10.12.2004