23.03.2005 - Fall Phoenix: Anwälte kritisieren EdW

Mit Unverständnis hat die Münchner Anwaltskanzlei Mattil & Kollegen auf die Äußerungen des Anwalts Henning Berger, White & Case, im Handelsblatt reagiert. Berger, der die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) vertritt, die möglicherweise für die Entschädigung der Anleger im Betrugsskandal um die Frankfurter Phoenix Kapitaldienst GmbH aufkommen muss, hatte behauptet, dass die Phoenix-Anleger auch ganz leer ausgehen könnten. „Im Fall von Untreue ist ein Entschädigungsanspruch möglicherweise nicht gegeben”, sagte er dem Handelsblatt. Aber auch bei fehlerhafter Beratung hafte die EdW ausdrücklich nicht.

Rechtsaufassung der EdW falsch?

Dazu Rechtsanwalt Peter Mattil: „Genau diese Aussage entspricht unserer Erfahrung mit der EdW. Wir führen eine Klage gegen die EdW wegen der verweigerten Entschädigung im Fall der EuroPacific KG aus Düsseldorf Auch die EuroPacific hatte die Kundengelder veruntreut.” „Es ist klar, dass die EdW auf dem Standpunkt steht, dass sie bei Untreue nicht entschädigungspflichtig ist”, meint Rechtsanwalt Torsten Geißler, PWB Rechtsanwälte Jena. Nach Auffassung beider Kanzleien ist die Rechtsauffassung der EdW eindeutig falsch. Die Gesetzesbegründung zu dem Entschädigungsgesetz des Deutschen Bundestages sowie die Begründung zur entsprechenden EU-Richtlinie, wonach bei Betrügereien und Veruntreuungen ausdrücklich Schutz der Geschädigten bestehen soll, sprächen eine andere Sprache. Darüber hinaus gehe aus einem Leitfaden zweier BaFin-Mitarbeiter zum Entschädigungsgesetz, das den Kanzleien Mattil und PWB Rechtsanwälte vorliege, eindeutig hervor, dass die EdW-Entschädigungspflicht auch ausdrücklich Fälle von Veruntreuungen umfasse.

EdW kann sich der Entschädigung nicht entziehen

Entgegen der Intention des Gesetzgebers und dem erwähnten Leitfaden möchte sich die EdW der Entschädigung jetzt wohl auch im Falle von Phoenix entziehen, so die Anwälte. Mattil und Geißler gehen davon aus, dass dies nach der Gesetzesbegründung nicht möglich sein wird und sich die zuständigen Gerichte dem gesetzgeberischen Willen, auch Betrugsopfer zu entschädigen, nicht entziehen könnten.

Besteuerung von Scheinrenditen

Ungemach drohe den Phoenix-Anlegern jetzt allerdings möglicherweise vom Finanzamt. Der Grund: Phoenix habe den betrogenen Anlegern tatsächlich nämlich nur Scheingewinne gutgeschrieben und zum Teil auch ausbezahlt. Weil Phoenix Anlagegelder mittels eines so genannten Schneeballsystems angenommen und ausgezahlt habe, resultierten die „Renditen”, die den Anlegern monatlich gutgeschrieben worden sind, nicht auf Börsen-/Termingeschäften, sondern aus Einlagen der Phoenix-Neukunden. „Die Scheinrenditen, die aus einem Schneeballsystem fließen, sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu besteuern”, sagt Geißler. „Dies hat der Bundesgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall zum Az. XIII R 15/01 bereits im Jahre 2001 entschieden.” Es sei deshalb zu befürchten, dass jetzt die Steuerbehörden Zugriff auf die Anlegerkonten bei Phoenix nehmen und Kontrollmitteilungen an die zuständigen Finanzämter verschicken werden. (rmk)

Quelle: FONDS professionell vom 23.03.2005