01.09.2005 - Grauer Markt

Ohne sie wären Anlageskandale kaum möglich — Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer geben Anbietern zweifelhafter Finanzprodukte Deckung.

Der Mann steht seit Jahren im Fa­denkreuz von Anlegeranwälten, er wurde mit zig Schadensersatzklagen überzogen, Staatsanwälte suchten in seinen Büros und Privaträu­men nach Beweisen für Betrügereien, und trotzdem ist er immer noch da – Mario Ohoven. Seit nun schon einem Vierteljahrhundert verkauft der Rhein­länder im großen Stil Steuersparmo­delle – mit Methoden, die seine Gegner schlicht schmutzig nennen.

Zweifelhaft sind Ohovens Praktiken in jedem Fall. Von den Anlegergeldern eines Ost-Immobilienfonds etwa zweig­te er unzulässig unter der Hand extrem hohe Provisionen ab. Und für seine Filmfonds ließ er mit Zusagen werben, die sich als wertlos erwiesen.

Obwohl sich zahlreiche Investoren beklagten, dauerte es Jahre, bis sich die Gerichte um Ohovens Praktiken küm­merten. Erst 2003 und 2005 wurden drei Urteile des Düsseldorfer Oberlandesge­richtes gegen eine Ohoven-Firma rechtskräftig, die Anlegern Schadensersatz zubilligten.
Dass die Tricks des Fonds-Tycoons nicht schon früher aufflogen, hat Oho­ven auch einer schlagkräftigen, im Hin­tergrund operierenden Truppe zu ver­danken. Namhafte Anwälte, Steuerex­perten und Wirtschaftsprüfer immuni­sierten Firmen, Verträge und Fonds des Ohoven-Imperiums so erfolgreich gegen juristische Angriffe, dass Haftungskla­gen über Jahre hinweg ins Leere liefen.
Ohovens vielleicht wichtigster Unterstützer ist Alexander Hemmelrath, Gründer der Anwaltskanzlei Haarmann, Hemmelrath & Partner (HHP). Der Steuerexperte arbeitet seit Jah­ren für „Super Mario” („Stern"). Schon 1997 war er beim ersten Filmfonds von Ohovens Firma Cinerenta dabei.
Hemmelrath und seine Kollegen ha­ben einen Großteil der für die Cinerenta-Fonds abgeschlossenen Verträge gele­sen. Ohne Hemmelrath, sagen An­legeranwälte, ginge bei Cinerenta gar nichts. Seine herausragende Stellung lässt er sich fürstlich entlohnen. Hem­melrath und seine Firma dürften über die Jahre Millionen kassiert haben – für die treuhänderische Verwaltung der Einlagen, für die Kontrolle der Fondsausgaben oder für die Erstellung von Jahresabschlüssen.

Die enge Be­ziehung zwi­schen dem Ad­vokaten und Ohoven ist beispielhaft für eine Branche, die von un­durchsichtigen Konstruktionen und fragwürdigen Ge­schäftsprakti­ken dominiert wird. Ob Film­fonds, außer­börslich gehandelte Aktien oder Wetten auf den Preis von Schweinebäuchen – der weitgehend unregulierte und deshalb „grau” ge­nannte Kapitalmarkt ist für Rechts­anwälte, Steuerberater oder Wirt­schaftsprüfer ein ausgesprochen lukrati­ves Terrain.

Um ihre Honorare brauchen sich die Spezialisten dabei meist keine Sorgen zu machen. Sie stellen ihre Dienste oft gar nicht den eigentlichen Auftraggebern in Rechnung, sondern lassen sich von den Anlegern bezahlen. Entweder werden die Honorare direkt aus dem Fondska­pital bezahlt, oder die Initiatoren schla­gen die Gebühren einfach auf die Kosten für ihre Angebote drauf. 

DIE HOCH DOTIERTEN BERATER sind fester Bestandteil einer Milliardenbranche. Sie dienen als Ideengeber und formulie­ren die Verkaufsbroschüren. Sie treten darüber hinaus in den unterschiedlichs­ten Funktionen in Erscheinung – als Treuhänder, Prospektprüfer, Mittelver­wendungskontrolleure. Einerseits werden sie dafür bezahlt, das Kapital der Anleger zu schützen. Andererseits hel­fen sie mitunter den Finanzjongleuren, Klagen von Anlegern abzublocken.
Letztlich treiben die Berater eine gigantische Abkassiermaschinerie an: Jahr für Jahr verlieren deutsche Anleger, schätzt das Bundeskriminalamt, rund 40 Milliarden Euro mit dubiosen Invest­ments. „Ohne die Hilfe der so genannten Ehrenberufler”, sagt die Münchener Anwältin Katja Fohrer von der Kanzlei Mattil & Kollegen, „wäre Abzocke in diesem Ausmaß gar nicht möglich.” 

Lukrative Allianzen 

Topjuristen dienen Initiatoren als Ideengeber und gestalten Verkaufsbroschüren so, dass Haftungsklagen oft keine Chance haben. 

Wirtschaftsprüfer segnen wertlose Garantien und irreführende Prospekte ab – und treiben Anleger so in unseriöse Offerten. 

Die Experten verdienen kräftig an den Geschäften mit dubiosen Finanzhaien – die Rechnung zahlen die Investoren

Und es sind keineswegs nur kleine Hinterhofkanzleien, die sich an diesem moralisch fragwürdigen, aber monetär höchst attraktiven Spiel beteiligen. Auch die Großen der Beraterzunft mischen kräftig mit, von Haarmann, Hemmelrath & Partner über Rödl & Partner bis hin zu Deloitte & Touche.
Mit welchen Tricks operieren die Handlanger in Nadelstreifen? Wie viel Verantwortung tragen die Edelhelfer? Und wie können sich Anleger wehren? 

Welch enorme Bedeutung die Juristen bisweilen für den Verkauf der ebenso komplexen wie verlustträchtigen Konstruktionen haben, zeigt die zentrale Funktion, die Kanzleioberhaupt Alexander Hemmelrath für Cinerenta hat.

Die Münchener Contor Treuhandgesellschaft, eine HHP-Tochter, sollte als so genannter Mittelverwendungskontrolleur die Erlösausfall-Versicherungen des Fonds Cinerenta III prüfen - eine Art Kapitalgarantie, ohne die die hoch riskanten Steuersparmodelle zur Finanzierung von Hollywood-Streifen nahezu unverkäuflich sind. Nur wenn eine Police vorlag, welche die möglichen Verluste abdeckte, durfte Contor laut Prospekt die Fondsgelder für die Filmproduktionen freigeben.
Der Münchener Rechtsanwalt Ingo Haiges von der Kanzlei LTA glaubt nun beweisen zu können, dass Contor-Chef Hemmelrath bei der Prü­fung der Kapitalgarantie des Cinerenta-Fonds III allzu nachlässig war. Hemmelrath habe das Geld für die Versicherungsprämien freigegeben, bevor er auch nur eine Police gesehen hatte, behauptet Haiges.
Statt des eigentlich notwendigen Versicherungsdokuments habe sich Hemmelrath mit so genannten Cover Notes eines Londoner Versicherungsbrokers zufrieden gegeben. Diese Papiere bestätigten lediglich den Abschluss einer Versicherung. Details, wann und unter welchen Umständen die Garantie greifen soll, fehlen; nicht mal sämtliche Assekuranzfirmen, die sich am Konsortium beteiligen sollten, werden benannt. 

Einträgliche Kooperation: Eine Tochterfirma der Großkanzlei Haarmann, Hemmelrath & Partner verdiente an lukrativen Aufträgen der defizitären Film-Fonds von
Initiator Mario Ohoven.
 

„HEMMELRATH HÄTTE ALLEIN auf Basis dieser Cover Notes niemals Gelder freigeben dürfen. Er hat damit klar gegen seine Prüfpflichten verstoßen”, sagt Anwalt Haiges. Hemmelrath selbst hingegen behauptet, stets korrekt und im Sinne der Fondszeichner gehandelt zu haben. Wer Recht hat, wird wohl erst vor Gericht geklärt werden. Haiges, der 35 Fondszeichner vertritt, hat den promovierten Juristen und seine Firma Contor auf Schadensersatz verklagt. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft München nach einer Anzeige, ob Hemmelrath womöglich sogar vorsätzlich schlampig gearbeitet und sich somit des Betruges schuldig gemacht hat (Az. 312 Js 30919/04).
Es waren nicht nur die umfangreichen Handreichungen, die den Wirtschaftsprüfer für Ohoven so wichtig machten — es war wohl auch dessen Reputation. Hemrnelrath ist nicht nur Chef einer großen Kanzlei, sondern lehrt zudem als Honorarprofessor an der Universität Osnabrück. Mit dem Renommee und den akademischen Titeln ihrer Berater bauen Kapitalmarkthaie Vertrauen auf und beruhigen Anlegerängste.
So verwies auch der Münchener Initiator Vif im Prospekt seines später zusammengebrochenen dritten Medienfonds stolz darauf, dass eine „namhafte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft” den Prospekt beurteilen werde.
Der Bericht der Firma Deloitte & Touche wurde Interessenten überlassen. Darin sollten die Prüfer erörtern, ob der Verkaufsprospekt vollständig und verständlich ist. Dabei haben die hoch bezahlten Prüfer offenbar ein paar Widersprüche übersehen. Das in der Verkaufs?
broschüre angegebene maximale Verlustrisiko von 21,6 Prozent wäre nur mit dem Abschluss entsprechender Kapitalgarantien realistisch gewesen. Diese Absicherung aber gab es zu dem Zeitpunkt, als Deloitte den Prospekt prüfte, gar nicht — worauf Initiator Vif im Kleingedruckten sogar hinwies. Dennoch winkten die Prüfer den Prospekt anstandslos durch.
Nachdem der Fonds zum Geldgrab geworden war, verurteilte das Landgericht München I Deloitte vergangenen Dezember dazu, die Verluste der klagenden Fondszeichner auszugleichen (Az: 22 O 12186/04). Schließlich seien die Wi­dersprüche im Prospekt, so die Richter, „ohne weiteres erkennbar” gewesen. 

Trügerisches Prüfsiegel: Den Filmflop „Ozzie” produzierte der Fonds Vif 3. Deloitte & Touche hatte den Prospekt trotz irreführender Widersprüche abgesegnet. 

Paragrafenwirrwarr
Komplikationen im Anlagerecht 

Wertlose Prüfung: Seit das Anleger-Schutzverbesserungsgesetz am 1. Juli in Kraft trat, dürfen geschlossene Fonds nur noch verkauft werden, wenn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht den Prospekt geprüft und genehmigt hat - so wie dies bei anderen Finanzanlagen längst üblich ist.
Das Prüfsiegel ist allerdings wenig wert. Die Aufseher checken die Angebote lediglich darauf, ob alle vorgeschriebenen Angaben gemacht werden. Ob sie korrekt sind, prüfen sie nicht. 

Beschränkte Haftung: Nach dem neuen Recht können nur noch Anleger, die in den ersten sechs Monaten nach Vertriebsstart eingestiegen sind, Initiatoren und andere für einen Prospekt verantwortliche Personen oder Firmen für Fehler in den Verkaufsbroschüren zur Rechenschaft ziehen. Sind sie später eingestiegen, haben sie keine Chance mehr, ihre Ansprüche durchzusetzen. Anleger sollten sich daher am besten schriftlich bestätigen lassen, dass sie innerhalb der kritischen Frist gekauft haben. 

Unklare Regelung: Ist ein Prospekt fehlerhaft, haften der Initiator und andere Verantwortliche noch sechs Monate, nachdem der Anleger von dem Mangel erfuhr. Die Ansprüche verjähren jedoch spätestens drei Jahre nach dem Kauf der Kapitalanlage — wenn der Anleger vor dem 30. Juni 2005 eingestiegen ist. Für Investments nach dem 1. Juli gilt: Erkennt der Anleger den Fehler, hat er ein Jahr Zeit zu klagen. Letzte Möglichkeit: drei Jahre nach Veröffentlichung der Broschüre. Personen, die das besondere Vertrauen des Investors genießen, etwa Anwälte oder Steuerberater, haften für Mängel in den Verkaufsbroschüren mitunter länger. Die Frist beginnt in diesen Fällen immer erst, wenn die Anleger den Prospekt­mangel erkennen. Drei Jahre haben sie dann Zeit, um zu klagen. Für Wirtschafts­prüfer galt bis Ende 2004 eine Haftung von fünf Jahren. Die Frist wurde zwar zu Jahresbeginn auf drei Jahre verkürzt. Doch wenn die mangelhafte Prüfung vor 2005 stattfand, gilt noch das alte Recht. Die Prüfer haben Berufung eingelegt.
Für Juristen und Wirtschaftsprüfer sind die Mandate der Graumarktfirmen vor allem deshalb lukrativ, weil sie für laufende Einnahmen sorgen. Denn Steuersparmodelle wie Medien- oder Immobilienfonds sind eigenständige Firmen, die Jahresabschlüsse erstellen müssen. Und die Anbieter der Kapitalanlagen selbst benötigen Beratung in Bilanz- und Steuerrecht. 

Eine derart einträgliche Beziehung hatte auch Deutschlands sechstgrößter Wirtschaftsprüfer,
Rödl & Partner, mit dem oberfränkischen Finanzvertrieb SMP. Als die Firma 2002 Insolvenz beantragte, gerieten auch die Berater von Rödl schnell ins Zwielicht.
Ein dreiköpfiges Team des Plauener Büros der WP-Gesellschaft hatte SMP - das Kürzel stand für „Sparen mit Plan” - über Jahre betreut. Die Bindung wurde so eng, dass sich die Experten - ein Steuerberater, ein Rechtsanwalt und ein Wirtschaftsprüfer - zwischenzeitlich an einer SMP-Tochterfirma beteiligten.
Die Firma hatte seit Ende der 90er Jahre Genussscheine im Wert von über 60 Millionen Euro verkauft. Mit dem Geld sollten vor allem substanzstarke Aktien gekauft werden; die Anleger sollten üppige Ausschüttungen von jährlich 8 Prozent und mehr bekommen. Tatsächlich verzockten die SMP-Depotverwalter einen Großteil des Geldes mit hoch riskanten Optionsgeschäften. Die Verluste wurden verschwiegen, die Genussscheine waren spätestens mit der SMP-Pleite im September 2002 wertlos.
Dabei sollen die Rödl-Partner - SMP-intern „die drei Weisen” genannt - jederzeit über die tatsächliche Lage informiert gewesen sein, wie SMP-Chef Klaus Hollerung später zu Protokoll gab - Vorwürfe, die bei Rödl als Schutzbehauptungen eines Pleitiers bezeichnet werden. 

DIE E-MAIL EINES SMP-Mitarbeiters vom 25. Juli 2001 an Hollerung weckt indes zumindest Zweifel. Der SMP-Mann ließ seinen Chef damals wissen: „Die drei Weisen aus Plauen haben nicht mal mit der Wimper gezuckt, als du die ,60 Prozent Schieflage" erwähnt hast!” Womöglich wussten die Rödl-Mitarbeiter also mehr, als sie heute zugeben wollen. Bislang hat Rödl sämtliche juristischen Angriffe abgewehrt. Ein Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum Betrug stellte die Staatsanwaltschaft Hof ein. Zwei Urteile des Landgerichtes Hof, das die Wirtschaftsprüfer zu Schadensersatzzahlungen verurteilt hatte, wurden von der nächsten Instanz einkassiert. Nun wollen die Anwälte der Kanzlei PWB aus Jena den Fall vom Bundesgerichtshof klären lassen.
Die Verfehlungen der anwaltlichen Ratgeber von Ohoven, SMP &" Co. lassen sich noch schwieriger verfolgen als die von Wirtschaftsprüfern und Kontrolleuren. Die Advokaten geben ihrer Klientel die Strategie vor, mit der sich Schadensersatzklagen abbiegen lassen, und reizen dabei die Möglichkeiten des deutschen Paragrafenwirrwarrs bis zum Exzess aus. Den Rahmen geltenden Rechts verlassen sie aber so gut wie nie. 

ES GIBT WOHL KAUM einen Anwalt, der dieses juristische Auffangnetz stabiler
knüpft als Otto Graf Praschma. Seit den 70er Jahren auf Warentermingeschäfte spezialisiert, hat der in Kleidung und Benimm an alten britischen Adel erinnernde Frankfurter Advokat über die Jahre zahlreiche zweifelhafte Figuren der Anlageszene betreut. Leute, die erst durch protzige Golduhren und später durch spektakuläre Pleiten auffielen.
Das Geld für die Insignien des erfolgreichen Warenterminhändlers stammt meist aus maßlos überhöhten Gebühren für die Vermittlung hoch riskanter Optionsgeschäfte. Die Anbieter lassen sich ihre Dienste derart teuer bezahlen, dass ein Gewinn für die Anleger meist von vornherein ausgeschlossen ist.
Dass es diese Form der Abzockens überhaupt noch gibt, ist womöglich auch Praschma geschuldet. Der Jurist riet seinen Mandanten schon früh dazu, die enormen Risiken und die exorbitanten Kosten klar und deutlich in den Verkaufsprospekten aufzulisten. Den Erfolg der dubiosen Terminmarktbuden haben diese Giftlisten nie wirklich behindert. Weil die Anlagegeschäfte meist von gewieften Drückern am Telefon abgewickelt werden, spielen die überlassenen Broschüren beim Verkauf kaum eine Rolle.
Ihre Wirkung entfalten die Hochglanzprospekte häufig erst bei Schadensersatzprozessen. Dann müssen sich die Anleger regelmäßig damit auseinander setzen, dass sie den Verkaufsprospekt samt Risiken gekannt und damit die Verluste in Kauf genommen hätten. Auch Anleger, die ihr Geld der Frankfurter Phoenix Kapitaldienst anvertraut und verloren hatten, mussten sich im Jahr 2000 Derartiges vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt anhören. Und das Gericht folgte Praschmas Argumenten: Die Phoenix-Broschüre „Handelbare Optionen” habe die Investoren ausreichend aufgeklärt, die Schuld am Verlust trügen sie deshalb selbst.
Phoenix-Gründer Dieter Breitkreuz und seine Verkäufertruppe konnten somit noch rund fünf Jahre lang Anlegergelder einsammeln - bis die Firma im März 2005 Pleite ging, knapp ein Jahr nachdem Breitkreuz mit seinem Privatflugzeug tödlich verunglückt war. Von den 800 Millionen Euro Kundengeldern war offenbar nur ein Bruchteil angelegt worden. Das Gros verschwand vermutlich auf dubiose Auslandskonten.
Den wohl perfidesten Trick aber, geprellte Anleger auflaufen zu lassen, erdachte ein Göttinger Anwalt, der in den 80er und 90er Jahren die Termingeschäftsbuden WBB und IBB betreute. Die beiden von ihm vertretenen Firmen verlegten ihren Sitz mit Hilfe eines Strohmannes in die Karibik. Schadensersatzansprüche geprellter Anleger, so das Kalkül, sind dann praktisch wertlos, da es in Übersee so gut wie unmöglich ist, auch nur einen Cent einzutreiben.
Im Jahr 2002 klagte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf den Anwalt wegen Beihilfe zum Betrug an. Das Gericht stellte das Verfahren gegen eine Geldbuße in Höhe von 10.000 Euro ein. Der Name des gerissenen Advokaten darf mittlerweile nicht mehr in Verbindung mit der trickreichen Sitzverlagerung genannt werden, die Anleger umgerechnet wohl mehr als drei Milliarden Euro gekostet haben dürfte - ansonsten sei die Resozialisierung des Juristen gefährdet.
Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, so viel steht fest, profitieren kräftig von unseriösen Anlageofferten. Ein ebenso lukratives wie risikoarmes Geschäftsmodell — schließlich lassen sich die Hintermänner nur sehr schwer zur Rechenschaft ziehen. Die Erfolgsaussichten von Schadensersatzklagen sind meist gering, und der Gang durch die Instanzen kostet viel Geld.
Anleger sollten daher vor jedem Investment eine detaillierte Leistungsbilanz des Anbieters verlangen, in der exakt dargelegt ist, welche Renditen die Offerten in der Vergangenheit brachten. Fehlen die Erfolgsbelege, gibt es nur eines: Finger weg.       Jonas Hetzer 

Quelle: Managermagazin, Ausgabe-Nr. 9/2005