25.10.2012 - Proteststurm gegen die Fernsehsteuer

Ab Januar muss jeder Haushalt pauschal 17,98 Euro monatlich an die GEZ zahlen - selbst wenn er überhaupt keinen Fernseher besitzt. Die Wut vieler Bürger auf diese Zwangsabgabe wächst, nun geht der Streit vor Gericht.

Am Mittwochabend postete Facebook-Nutzer „Gez Wolfgang“ an die Pinnwand der Handelsblatt-Fanpage. Er verlinkte darin auf eine Pressemitteilung der „Stiftung Medienopfer“, in der es heißt, dass „bereits 500 Betroffene über die Aktionsgemeinschaft Anwälte eingeschaltet“ hätten, um gegen die „GEZ-Zwangsgebühr“ Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Nur wenige Stunden später war das Posting von „Gez Wolfgang“ dutzende Male kommentiert worden. Handelsblatt-Fans machen ihrem Ärger über die neue Abgabe Luft und schimpfen über den „Zwangswahnsinn“ und die „GEZ-Mafia“.

Seit Jahren schon bringen die Rundfunkgebühren viele Bürger auf die Barrikaden. Aktuell verlangt die „Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“, wie sie im schönen Behördendeutsch heißt, einen monatlichen Obolus von 17,98 Euro – falls der Bürger ein entsprechendes Empfangsgerät besitzt. Und diese Gebühr treibt sie im Auftrag von ARD und ZDF zuweilen mit ziemlich rüden Methoden ein. Rund 7,53 Milliarden Euro sind im vergangenen Jahr auf diese Weise zusammengekommen.

Doch ab dem nächsten Jahr schlägt das System von ARD und ZDF noch härter zu. Dann wird die bisherige Gerätegebühr abgeschafft. Stattdessen wird jeder Bürger zur Kasse gebeten. Egal ob er die Angebote der Öffentlich-Rechtlichen im Fernsehen, Radio oder Internet nutzt oder nicht, die monatlichen 17,98 Euro werden fällig. So wollen es ARD und ZDF, so haben es die Landtage der 16 Bundesländer beschlossen.

Die neue Haushaltsabgabe wird von vielen Seiten kritisiert. So kommentierte Handelsblatt-Redakteur Hans-Peter Siebenhaar die Einführung der Haushaltsgebühr, die nichts anderes sei als eine ARD/ZDF-Steuer und dem privaten Bezahlfernsehen schade.

Auch der Passauer Jurist Ermano Geuer ist gegen die Abgabe. Er klagt sogar vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Geuer ist der Meinung, das neue Gesetz widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz. „Den Rundfunkbeitrag soll jeder Haushalt zahlen – egal ob er einen Fernseher hat oder nicht“, sagt der Jurist und führt aus: „Bislang brauchten zum Beispiel Studenten, die lediglich einen Internetanschluss aber keinen Fernseher hatten, nur eine reduzierte Gebühr zahlen. Jetzt sollen alle für ein Fernseh- und Radio Voll-Abo aufkommen. Dadurch wird Ungleiches gleich behandelt – ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.“

Schon 8000 Unterschriften gegen die neue Gebühr

Auch die „Stiftung Medienopfer“ geht davon aus, dass die neue Rundfunkabgabe verfassungswidrig ist und hat daher zum „Kampf gegen die Zwangsbeiträge“ aufgerufen. „Über 500 Bürger haben sich bereits dazu entschlossen, die kommenden Beitragsbescheide anzugreifen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Stiftung wertet das als Erfolg, merkt aber an, es könne gar nicht genug Widersprüche oder Klagen „gegen die ungerechte Beitragserhebung geben“. Rechtsanwalt Sascha Giller, Vorstand der „Stiftung Medienopfer“, rät: „Die Bürger sollten noch in diesem Jahr ihre Einzugsermächtigungen widerrufen, um das Heft des Handelns in die Hand zu bekommen. Ich bin zuversichtlich, dass durch massiven Druck seitens der Bürger die Politik gezwungen werden kann, unsere Medienlandschaft auch im Bereich der Finanzierung den gesellschaftlichen Gegebenheiten unserer heutigen Zeit anzupassen.“

In Kürze will die Stiftung auf ihrer Homepage weiterführende Informationen, auch rechtlicher Art, kostenfrei zur Verfügung stellen. Grundsätzlich, erklärt Sascha Giller, könne nur derjenige eine Befreiung von der Haushaltsabgabe bekommen, der gegen seinen Bescheid vorgehe.

Der Privatmann Rene Ketterer Kleinsteuber kämpft ebenfalls gegen die neue Gebühr. „Vor zehn Jahren hatte ich meine erste Begegnung – ich sage mal – der dritten Art mit einem GEZ-Mitarbeiter. Seitdem beschäftige ich mich mit dem Thema und möchte die Menschen vor allem informieren.“ Denn viele, so stellt Ketterer Kleinsteuber immer wieder fest, hätten zu wenig Ahnung. „Sie nehmen jetzt auch die neue Gebühr einfach hin.“ Dabei könne und müsse man sich wehren.

Auf seiner Homepage versucht Ketterer Kleinsteuber, die Massen zu mobilisieren und möglichst viele Unterschriften gegen die neue Gebühr zusammenzubekommen. „Wir sind gegen den heutigen Umfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und fordern eine drastische Reduzierung auf das notwendige Minimum, um Information und Bildung abzudecken“, schreibt der Diplom-Ingenieur und Chef eines kleinen Software-Unternehmens aus dem süddeutschen Trossingen.

Zudem sei man gegen die Finanzierung „eines riesigen, nicht notwendigen und unproduktiven Apparates“ und fordere „die Abschaffung der Zwangsgebühren bzw. des Zwangsbeitrags ab 2013 zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“. Wer sich anschließen möchte, kann die Kampagne per Mausklick unterstützen und online seine Unterschrift hinterlassen. Rund 8.000 Nutzer haben sich so bereits auf der Seite verewigt, 20.000 sollen es bis Ende des Jahres werden. Dann soll die Unterschriftenliste an Medienvertreter und Politiker weitergeleitet werden.

Unterschriften sammelt auch Patrick Samborski von der „Partei der Vernunft“, einer nach eigenen Angaben „libertären Kleinpartei in Deutschland“. Auf dem Online-Portal „openPetition“ fordert Samborski, der deutsche Bundestag möge beschließen, „dass die Zwangsfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten beendet wird“. Bisher haben knapp 2.000 Menschen unterschrieben. Die Petition ist noch bis April 2013 aktiv.

"Das Gesetz muss zwingend gestoppt werden"

Auf der Facebook-Fanpage des Handelsblatt sind sich die Nutzer jedenfalls einig. „Dieses Gesetz muss in dieser Art und Weise zwingend gestoppt werden“, findet Jens Patzelt. Die Begründung, man müsse zahlen, weil davon auszugehen sei, der „normale" Haushalt halte heutzutage ohnehin ein Empfangsgerät bereit, sei nicht nur „schwachsinnig“, sondern auch auf andere Lebensbereiche ausdehnbar. „Als Nächstes soll ich dann wohl für ein Kfz, einen Hund und eine Religion bezahlen, die ich zwar praktisch nicht habe, aber theoretisch haben könnte.“

Auf Facebook merkt indes Tobias Sunderdiek an, es wäre auch interessant zu erfahren, „wie viel Geld die öffentlich-rechtlichen Anstalten verdienen, nicht nur durch Gebühren, sondern auch durch Werbung, Sponsoring, aber auch durch Merchandising wie DVD-Verkäufe, Fan-Artikel, Immobiliengeschäfte (etwa durch die WDR-Arkaden in Köln) und durch Beteiligungen an Firmen“. Er könne sich vorstellen, „dass da ein gewisser Batzen zu den etwa sieben Milliarden GEZ-Gebühren hinzukommt“.

Claus Schneider ärgert sich, dass er für etwas bezahlen muss, „das ich nicht nutzen will, weil in den meisten Dingen uninteressant“. Die neue Rundfunkgebühr nennt er eine „Schweinerei“.

Nach Ansicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der WDR-Intendantin Monika Piel hingegen wird das neue Modell „einfacher und gerechter“ sein. Auch die Privatsphäre der Rundfunkteilnehmer soll geschont werden. Das Betreten von Wohnungen sei dann ja nicht mehr erforderlich, weil nicht mehr überprüft werden müsse, ob und wo ein Gerät bereitgehalten werde.

Das neue Finanzierungsmodell bringe eine einfache Regelung für alle Bürger und sei zeitgemäß. Der Rundfunkbeitrag komme vor allem Familien, Wohngemeinschaften oder nichtehelichen Lebensgemeinschaften zugute, die bisher mehrfach Rundfunkgebühren bezahlt hätten. „Rund 1,5 Millionen Menschen profitieren davon“, heißt es auf der offiziellen Homepage der Öffentlich-Rechtlichen, rundfunkbeitrag.de.

Doch viele Bürger haben für solch eine Argumentation nur noch Spott übrig. Seit kurzem kursiert im Internet ein Bild, auf dem ein gewisser Patrick Kowal aus Berlin schreibt: „Ich soll also Gebühren dafür zahlen, dass ich ein internetfähiges Gerät besitze, auch wenn ich gar keinen Internetanschluss habe? Tja, dann werde ich mal ganz schnell Kindergeld beantragen. Ich habe zwar noch keine Kinder, aber das Gerät ist vorhanden.“

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